Demenz

Demenzielle Erkrankungen sind eine der Hauptursachen für Pflegebedürftigkeit im Alter. Der fortschreitende Gedächtnisverlust ist für die Erkrankten mit Ängsten und Unsicherheit verbunden. Dies führt nicht selten zu Schamgefühlen und zum Rückgang von vorhandenen sozialen Kontakten. Der fortschreitende Gedächtnisverlust heißt für den Erkrankten auch, dass er bei der Bewältigung seines Alltags immer mehr auf Hilfe angewiesen ist.

Angehörige und andere enge Bezugspersonen spielen eine wichtige Rolle für demenziell erkrankte Menschen. Aufgrund der vorhandenen gemeinsamen Erinnerungen können sie wichtige Orientierungshilfen für den Betroffenen bieten.

Zwei Drittel aller demenziell erkrankten Menschen leben nicht in einem Pflegeheim, sondern in ihrer eigenen Wohnung oder bei ihrer Familie. Die meisten Familien werden überraschend mit den Anzeichen der Krankheit konfrontiert und können sich nicht auf die veränderte Situation vorbereiten. Für die Angehörigen bedeutet das, dass sie sich zunehmend um die Versorgung des erkrankten Familienmitglieds kümmern müssen bzw. notwendige Hilfen organisieren müssen.

Daher liegt seit vielen Jahren ein besonderer Schwerpunkt des Beratungs- und Unterstützungsspektrums der Ökumenischen Zentrale in dem Themenfeld Demenz.

Demenz - Krankheitsbilder und Diagnostik

Es gibt mehrere Gründe, warum kurzfristig ein Neurologe oder eine Gedächtnisambulanz aufgesucht werden sollte, wenn im Alter Verhaltens-, Gefühls- und / oder Gedächtnisstörungen auftreten. Zum einen besteht insbesondere im höheren Alter die Gefahr, dass Hausärzte derartige Veränderungen im Rahmen ihrer allgemeinen Untersuchungen nicht erkennen. Laut dem 3. Altenbericht sind dies immerhin 86 % der leichten und 58 % der mittelschweren Demenzen. Zum anderen besteht aber auch gleichzeitig die Gefahr, dass Betroffene und Angehörige durch Hausärzte fälschlicherweise mit der Diagnose Demenz oder Hirnorganisches Psychosyndrom (HOPS) konfrontiert werden (3. Altenbericht, 2000, S. 138), obwohl andere, heilbare Krankheiten Ursache für die Veränderungen sind. So können z. B. die Symptome von Verwirrtheitszuständen oder Depressionen, denen einer Demenz sehr ähneln. Darüber hinaus gibt es sehr viele unterschiedliche Formen der Demenz, d. h. nicht jeder Demenz liegt die Alzheimer Erkrankung zugrunde.

So wird ein Delir z. B. als ein akuter, plötzlich beginnender Verwirrtheitszustand beschrieben, der durch Bewusstseins-, Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörungen, Desorientierung und eine akute Verhaltensänderung gekennzeichnet sein kann. Ein Delir ähnelt in seinen Symptomen einer demenziellen Erkrankung, so dass eine hohe Verwechselungsgefahr besteht, die zur Folge haben kann, dass die zu 95% reversiblen Ursachen des Delirs nicht rechtzeitig behandelt werden.

Das Wort „Demenz“ kommt aus dem Lateinischen und setzt sich aus den Bestandteilen „de“ übersetzt „weg“ und „mens“ übersetzt „Geist“ zusammen. Das Hauptmerkmal einer Demenz ist eine Gedächtnisstörung, die zusätzlich durch mindestens eines der nachstehenden kognitiven Defizite begleitet wird: Sprachstörungen, die Unfähigkeit zweckmäßige, zielgerichtete Bewegungen auszuführen, das Nicht-Erkennen von Personen und Gegenständen trotz funktionsfähiger Sinnesorgane oder Planungs- und Koordinationsstörungen. Die genannten Defizite müssen zu einer deutlichen Verschlechterung der früheren Leistungsfähigkeit führen und mit einer deutlichen Beeinträchtigung im täglichen Leben verbunden sein (vgl. Saß u.a., 1998). Neben den genannten diagnostischen Kriterien treten häufig folgende Begleitsymptome auf: Wahn, Halluzinationen, Niedergeschlagenheit, Umkehr des Schlaf-Wach-Rhythmus, Angstzustände, Scham, Unsicherheit, Aggressivität, Unruhe, Wut, Rückzug, Passivität, Desinteresse, Depression, Antriebsarmut bis zur Apathie. Einer Demenz können unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen, wie z. B. die Alzheimer Krankheit, Gefäßerkrankungen, Parkinson, Schädel-Hirn-Traumata, Hirntumore, Sauerstoff- oder Vitaminmangel, Infektionen, Krankheiten des Immunsystems, der Leber oder des Stoffwechsels und andere neurologische Störungen. Rund 10 bis 20 % aller Demenzen sind heilbar, bei den anderen Formen der Demenz können der Krankheitsverlauf und die Begleitsymptome durch eine gezielte Behandlung zumindest beeinflusst werden.

Zögern Sie daher nicht, einen Arzt aufzusuchen und eine genaue Diagnose stellen und eine entsprechende Therapie einleiten zu lassen – massive Gedächtnisstörungen sind keine normale Alterserscheinung. Gedächtnissprechstunden in Ihrer Nähe sind bundesweit unter www.deutsche-alzheimer.de abrufbar.

Angebote für Betroffene und Angehörige finden Sie unter www.alzheimer-nrw.de.

Die Welt eines Demenzkranken verstehen lernen

Demenzielle Erkrankungen haben zur Folge, dass die eigene Identität immer mehr verloren geht. Wenn man sich das Gedächtnis eines Demenzkranken als Bibliothek vorstellt, in der es für jedes Jahr des Lebens ein Buch gibt, so werden zunächst die Bücher der der Erkrankung vorausgehenden Lebensjahre gelöscht. So ist es erklärlich, dass der Tod des Ehepartners oder die Heirat der Enkel nicht mehr präsent sind.

Mit Fortschreiten der Demenz verschwinden dann immer mehr „Jahrgangsbände“. Der Erkrankte befindet sich gedanklich in früheren Lebensphasen und muss daher zur Arbeit, sich um seine Kinder kümmern oder seine Eltern suchen. In diesem Stadium kann es dann auch passieren, dass weder das eigene Spiegelbild noch die Bezugspersonen mehr erkannt werden, da Fremd- und Selbstbild nicht mehr übereinstimmen.

Um die Welt eines Demenzkranken verstehen zu lernen, kann es hilfreich sein, sich die folgenden Fragen zu stellen:

Wie geht es mir eigentlich, wenn…

  • ich nicht weiß, was man von mir will
  • ich etwas Wichtiges nicht mehr finden kann
  • ich verzweifelt bin und Angst habe
  • ich in fremder Umgebung die Orientierung verliere und mich nicht verständigen kann
  • man mich bei einer Tätigkeit unterbricht
  • man mich nicht ausreden lässt
  • man mich auf einen Fehler aufmerksam macht
  • man auf meine Worte und Signale nicht reagiert
  • man mich erziehen will

 

Hilfreiche Tipps für den Umgang mit demenziell erkrankten Menschen

Eine demenzielle Erkrankung wirkt sich unmittelbar auf die Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit aus. Wichtig ist, dass der demenziell Erkrankte den Inhalt des Gespräches nachvollziehen kann. Dies ist für ihn umso schwieriger, je schneller gesprochen wird und je mehr Inhalte in einem Satz übermittelt werden. Die folgenden Hinweise können die Verständigung mit einem Demenzkranken erleichtern:

Deutlich in normaler Lautstärke reden

  • Hintergrundgeräusche (z.B. Fernsehen) vermeiden
  • Überprüfen, ob Hör- oder Sehstörungen vorliegen
  • Demenzerkrankten mit Achtung behandeln
  • Beim Sprechen im Blickfeld der Erkrankten bleiben
  • Kurze einfache Sätze ohne Verschachtelungen bilden
  • Pausen einlegen, um Zeit für das Verstehen und Antworten zu lassen
  • Informationen schrittweise vermitteln und bei Bedarf wiederholen
  • Auf Mimik achten, um zu kontrollieren, ob Gesagtes verstanden wurde und wie es aufgenommen wird
  • Nicht mehrere Dinge gleichzeitig machen
  • Fragen auf die unmittelbare Gegenwart beziehen
  • Vermeidung von Fragen, die ein hohes Versagensrisiko haben
  • Fragen mit mehreren Auswahlmöglichkeiten vermeiden
  • Diskussionen vermeiden
  • Wichtige Informationen in die letzten Worte legen
  • Handlungsaufforderungen mit einem optischen Reiz verbinden
  • Einbezug des Demenzkranken in Entscheidungen
  • nicht in der dritten Person über den Erkrankten sprechen

Entscheidend für eine gelungene Kommunikation sind auch der Ton und die Haltung, die gegenüber dem Erkrankten eingenommen werden. Es gilt, die Echtheit in der Kommunikation zu wahren, d. h. sowohl die Gefühle der demenziell erkrankten Menschen als auch die eigenen ernst zu nehmen. Dazu sollte auf geäußerte Gefühle eingegangen und auf Signale der Angst sofort reagiert werden. Keinesfalls sollte vorgetäuscht werden, den demenziell erkrankten Menschen verstanden zu haben, wenn das nicht der Fall ist.

Im Umgang mit demenziell erkrankten Menschen ist es wichtig, die Krankheit zu akzeptieren, die Person des Kranken weiterhin zu respektieren und seine Welt anzuerkennen. Hierzu gehört die Vermittlung von Geduld, Einfühlungsvermögen, Wertschätzung und Sicherheit. Hilfreich ist es, Anknüpfungspunkte in der Biographie suchen. Die Selbstständigkeit des Erkrankten sollte solange und soweit wie möglich aufrechterhalten und gefördert werden. Dies geschieht z. B. durch

  • Berücksichtigung der Biographie und der persönlichen Eigenheiten
  • Förderung von körperlichen Aktivitäten
  • Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten
  • Vermeidung von Reizüberflutung
  • Anregung der Erinnerung
  • Benutzung von Gedächtnisstützen und vertrauten Redewendungen
  • Schaffung von Tagesstruktur und alltäglichen Ritualen
  • Spielerische Sprachübungen
  • Ermöglichung von sozialen, optischen, akustischen und taktilen Erlebnissen
  • Einsatz von Orientierungshilfen und Musik
  • Vermeidung von Lernerfordernissen
  • Gemeinsames Suchen von Verstecken, wenn etwas verlegt wurde

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